Es verpasst zu haben, würde ich nicht sagen. Vielmehr die passende Weise, rechten Worte und vielleicht den Mut dazu bisher noch nicht „gefunden“ zu haben, trifft es eher. Das Finden ohne Suchen und Ausprobieren, wie ich erkennen muss, bringt nichts. Der Macher macht’s. „Ok“, sage ich mir und deshalb ist mit dem Suchen – Schluss;), denn dafür geistern in meinem Wuschelkopf zu viele Erlebnisse und Geschichten herum, die erzählt werden wollen – und zwar von mir.
Beim Stöbern in meiner Fotokiste stieß ich auf meine ABI-Zeitung von 1998, mit dem Vermerk über mich:“ Liebenswerte Zeitgenossin mit Gospel im Blut sucht reiselustigen Mittramper, welcher mit ihr erst Amerika und dann den Rest der Welt erkundet, um andere Kulturen kennenzulernen…“ Oh, sie hatten recht. Zuerst in London*England, dann Winston-Salem*North Carolina*USA kam ich meiner Sehnsucht nach Andersartigkeit, nach Neuem, der Abenteuerlust in mir schon näher und entgegen. Mein Reisen beschränkte sich nicht aufs Reisen von einem zum anderen Weltenfleck, sondern auf das „einfache“ Leben&Arbeiten in der jeweiligen Gesellschaft. Mein großer G-Anteil in mir („DISG – Verhaltensprofil“) macht es deutlich und zeigt sich da besonders – smile. Die Sehnsucht zu haben, aber auf Veränderungen zurückhaltender oder auch ängstlich zu reagieren, ist Konfliktpotenzial, was für mich zu bearbeiten galt. So passierte nach außen hin, nach diesen Ausflügen ins Ungewisse nicht so viel. Das Leben. Die Ausbildung. Ein Studium. Der neue Job. Aber in mir blieben diese Erinnerungen frisch und die Sehnsucht, das Andere und den Anderen zu entdecken wach, denn diese ersten „Erfahrungsfrüchte“ haben mich gelehrt, wer ich auch bin, was in mir steckt und was zu mir gehört, um mich in meinem Leben zu leben.
Mit neuem Mut, einigen persönlichen Prozessen, die hinter mir lagen, und dem Wunsch, nach örtlicher Veränderung, machte ich mich daher Oktober 2006 auf ein Probearbeiten (Ausländische Jugendarbeit) ins südlichste Spanien, denn die Sprache und die Kultur hatten es mir so angetan. Ziel war ein Ort, irgendwo in der Pampa bei El Ejido, dem Gewächshaus Europas. Mehr habe ich auch nicht gesehen, als ich mein Fuß auf andalusische Erde setzte und ein wenig entsetzt die ersten Eindrücke dieses Landes in mich aufnahm. Wollte ich DAS? Und vor allem DORT? Und das SO? Erste Reaktion: Nein, und nochmals Nein. Der zweite Blick entschärfte den Ersten ein wenig und die schönen Seiten diese Landes kamen zum Vorschein. Wunderschöne Buchten, Granada und die Mauren, Strand und Sonne ohne Grenzen.
Aber dieser Eindruck wurde vom Kennenlernen der Arbeitsaufgaben (deutsche männliche Jugendliche das Leben zu lehren, die auf einem abgelegenen Bergkamm hausen, den man nur mit Jeep im Flussdelta erreicht), getrübt. Dieser wurde durch unsozialen Schichtdienst und die Aussicht, wenn man in Granada leben wollte, um etwas Kultur mitzunehmen, (2h Busfahrt entfernt), verstärkt. Ne, ich musste enttäuscht feststellen, dass es DAS nicht ist. Erste persönliche Eindrücke von Sevilla und Madrid haben in mir ein ganz anderes, spanisches Bild hervorgerufen, was ich entdecken wollte. Und ich musste zugeben, das es vielmehr um meine wahre Identität ging, was ich eigentlich wirklich „tun“ wollte und in welchem Setting das ganze passieren sollte.
So sind mir zwei Momente im Gedächtnis geblieben, die Weichen gestellt haben.
1* Ich stand auf der Veranda der Finca dieses weiten, rauen, unbewohnten und auch schönen Landes unter mir und wusste in meinem Herzen: Ich möchte kreative Kultur erleben, möchte Menschen begegnen, möchte im Geschehen sein, mich darin bewegen und meine Fähigkeiten ausweiten können – mich darin entdecken lernen. In „El Ejido“ konnte ich mir DAS so nicht vorstellen. Ich spürte und akzeptierte es.
2* Ich war nicht allein. Zart aber bestimmt hörte ich Gott in dieser Zeit sprechen, denn die die ersten Eindrücke verwirrten mich. „Ich möchte, dass es Dir gut geht“, sagte er dazu. Keine wegweisenden Worte, aber die dafür an meine Identität adressiert waren. Die Entscheidung musste ich selbst treffen. Und das war gut so. Und ich traf sie – gegen diese Art des Lebens&der Arbeit. Gegen das auswerwählte Land, aber für eine gewonnene Freiheit, die auf eine Überzeugung baute, das an diesem Ort etwas NEUES begann.